Intelligente Zellen

Wie Erfahrungen unsere Gene steuern

Warnung: Dieses Buch wird Ihre Vorstellung von den Auswirkungen Ihres Denkens und Fühlens für immer verändern. Vielleicht haben sie es schon geahnt, dass das Denken und Fühlen unser psychisches Leben bestimmt.
Jetzt können Sie sich sicher sein. Erstaunliche wissenschaftliche Erkenntnisse über die biochemischen Funktionen unseres Körpers zeigen, dass unser Denken und Fühlen bis in jede einzelne unserer Zellen hineinwirkt. Der Zellbiologe Bruce Lipton beschreibt genau, wie dies auf molekularer Ebene vor sich geht. In leicht verständlicher Sprache und anhand eingängiger Beispiele führt er vor, wie die neue Wissenschaft der Epigenetik die Idee auf dem Kopf stellt, dass unser psychisches Dasein durch unsere DNS bestimmt würde. Vielmehr wird sowohl unser persönliches Leben als auch unser kollektives Dasein durch die Verbindung zwischen innen und außen, zwischen Geist und Materie gesteuert. Eine Erkenntnis, die, logische weiter gedacht, auch weit reichende spirituelle Konsequenzen hat.

Deutsche Ausgabe: KOHA-Verlag; I2. Auflage 2006; SBN 3-936862-88-5

Prolog

»Wenn du sein könntest, wer du willst - wer möchtest du dann sein?«

Einführung
  Die Magie der Zellen

Ich war sieben Jahre alt und in der zweiten Klasse, als ich bei unserer Lehrerin, Frau Novak, im Unterricht auf eine Kiste stieg, um durch ein Mikroskop schauen zu können. Zuerst ging ich vor lauter Aufregung zu dicht ran und erkannte nur einen Lichtfleck. Doch schließlich legte sich meine Aufregung so weit, dass ich den Anweisungen der Lehrerin folgen konnte und mich mit dem Auge etwas weiter vom Okular wegbewegte. Und dann geschah etwas, das den Rest meines Lebens bestimmen sollte: Ein Pantoffeltierchen schwamm in mein Blickfeld. Ich war restlos fasziniert. (…)

In meinem kindlichen Verständnis sah ich diesen Organismus nicht als Zelle, sondern als mikroskopisch kleine Person, als denkendes, empfindsames Wesen. Dieser winzige einzellige Organismus schien mir nicht planlos im Wasser umherzutreiben, sondern ein Ziel zu haben, das mir jedoch unbekannt war. Ich sah dem Pantoffeltierchen regungslos zu, während es sich geschäftig über ein Algenblatt hermachte. Und wie ich das Pantoffeltierchen so beobachtete, schob sich auch noch das große Scheinfüßchen einer heranfließenden, lang gestreckten Amöbe in mein Blickfeld. (…)

In der Hochschule eröffneten sich mir neue Möglichkeiten mit dem Elektronenmikroskop, das tausendfach stärker ist als ein gewöhnliches Mikroskop. Der Unterschied lässt sich vergleichen mit dem zwischen den Fernrohren an touristischen Aussichtspunkten und dem Hubble-Teleskop, das uns Bilder aus den Tiefen des Weltraums übermittelt.

Der Zutritt zum Elektronenmikroskop-Bereich eines Labors hat für den angehenden Biologen beinahe etwas Rituelles. Man geht durch eine schwarze Drehtür, ähnlich der Tür vor der Dunkelkammer eines Fotolabors. Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich diese Drehtür betrat und sie vorwärts schob. Ich befand mich in der Dunkelheit zwischen zwei Welten - zwischen meinem Leben als Student und meinem zukünftigen Leben als Wissenschaftler. Die Tür öffnete sich in einen großen, dunklen Raum, der von einigen Infrarotlampen spärlich erhellt wurde. Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte ich langsam, was vor mir stand. Das rote Licht spiegelte sich auf gespenstische Weise in dem Chrom einer dicken, massiven, mit elektromagnetischen Linsen bestückten Stahlsäule, die sich in der Mitte des Raums bis zur Decke erhob. Ausgehend von der Säule erstreckte sich eine große Steuerungskonsole in den Raum. Sie erinnerte mich an das Instrumentenboard einer Boing 747, voller Hebel, beleuchteter Messgeräte und vielfarbiger Anzeigelämpchen. Wie Tentakel schlängelten sich vom Fuß des Mikroskops aus dicke Stränge von Elektrokabeln, Wasser- und Vakuumschläuchen in alle Richtungen. Das Ganze ähnelte den knorrigen Wurzeln einer alten Eiche. Im Hintergrund klapperten die Vakuumpumpen und summten die Kühlwassergeräte. Ich hatte ein Gefühl, als hätte man mich geradewegs an Bord von Raumschiff Enterprise gebeamt. Aber offensichtlich hatte Captain Kirk gerade seinen freien Tag, denn an der Konsole saß einer meiner Professoren und konzentrierte sich darauf, eine Gewebeprobe in die Vakuumkammer im Zentrum der Stahlsäule einzulegen.

Während ich dort ein paar Minuten so wartete, hatte ich ein ähnliches Gefühl wie damals in der zweiten Klasse, als ich zum ersten Mal eine Zelle sah. Endlich erschien ein grün leuchtendes Bild auf dem Monitor. Die dunkel eingefärbten Zellen waren bei der 30fachen Vergrößerung kaum zu erkennen. Dann wurde die Vergrößerung Schritt um Schritt erhöht, zuerst um das 100fache, dann das 1000fache, dann das 10.000- fache. Als wir schließlich in den Warp-Antrieb schalteten, waren die Zellen 100.000fach vergrößert. Es war wirklich wie in Star Trek, nur dass wir nicht die Tiefen des Weltalls, des äußeren Raums, erkundeten, sondern in die unbekannten Tiefen des inneren Raums vorstießen, »die nie zuvor ein Mensch betreten hat«. Eben hatte ich noch eine winzige Zelle gesehen, und Sekunden später befand ich mich tief in ihrer molekularen Struktur.

Ich verspürte Ehrfurcht vor diesem Wunder der Wissenschaft und empfand es als große Ehre, als ich zum Kopiloten ernannt wurde. Ich legte meine Hände auf die Instrumente und flog selbst über diese fremde, zelluläre Landschaft. Als mein Reiseführer wies mich mein Professor auf besondere Merkmale hin: »Da ist ein Mitochondrium, da ist der Golgi-Apparat, da drüben ist eine Kernpore, und hier ist ein Kollagen-Molekül. Das hier ist ein Ribosom.«

Ich fühlte mich wie ein Pionier, der bislang unerforschtes Gebiet erkundet. Das Lichtmikroskop hatte mir die Zellen als empfindsame Wesen gezeigt - das Elektronenmikroskop brachte mich in direkten Kontakt mit den Molekülen, den Grundbausteinen des Lebens. Ich wusste, dass tief in der Zytostruktur Hinweise auf das Geheimnis des Lebens lagen.

Für einen kurzen Augenblick wurden die Linsen des Mikroskops zur Kristallkugel - in dem gespenstisch grünen Leuchten des Bildschirms sah ich meine Zukunft. Ich wusste, ich würde Zellbiologe werden, um Einblicke in die Geheimnisse zellulären Lebens zu gewinnen. Im bisherigen Studium war mir schon früh bewusst geworden, dass Struktur und Funktion von biologischen Organismen eng miteinander verwoben sind. Ich war mir sicher, dass ich Einblick in das Wesen der Natur gewinnen würde, wenn ich die mikros-kopische Anatomie der Zelle mit ihrem Verhalten in Verbindung brachte. Und so verbrachte ich während meines ganzen Studiums, meiner Doktorandenzeit und noch in meiner Zeit als Professor an der medizin-ischen Fakultät viele Stunden mit der Erforschung der molekularen Anatomie der Zelle, denn in der Struktur der Zelle verbergen sich die Geheimnisse ihrer Funktion.

Um die »Geheimnisse des Lebens« zu ergründen, widmete ich mich der Erforschung geklonter Stamm-zellen in Gewebekulturen. Zehn Jahre nach meiner ersten Begegnung mit einem Elektronenmikroskop lehrte ich an der angesehenen medizinischen Fakultät der Universität von Wisconsin. Meine Forschungen über geklonte Stammzellen waren international anerkannt und meine Seminare gut besucht. Ich arbeitete jetzt an noch stärkeren Elektronenmikroskopen, mit denen ich dreidimensionale, computertomographie-ähnliche Fahrten durch Organismen unternehmen konnte, bei denen ich den Molekülen, die die Grundlage des Lebens bilden, von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Meine Instrumente hatten sich zwar weiter-entwickelt, aber meine Haltung blieb unverändert. Ich verlor nie die Überzeugung des Siebenjährigen, dass das Leben der Zellen, die ich untersuchte, einen Sinn hatte.

Leider war ich nicht davon überzeugt, dass mein eigenes Leben einen Sinn hatte. Ich glaubte nicht an Gott, obwohl ich zugeben muss, manchmal grübelte ich verzweifelt darüber nach, ob es nicht doch einen Gott gibt, der diese Welt mit einem ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor regiert. Schließlich war ich ein traditionell rational und naturwissenschaftlich denkender Biologe, für den die Frage nach Gott überflüssig ist: Das Leben ist eine Konsequenz reinen Zufalls, ein zufällig gemischtes Kartenspiel oder ein genetisches Würfeln. Seit Darwins Zeiten lautet das Motto unserer Zunft: Gott? Wir brauchen keinen Gott!

Darwin hat die Existenz Gottes nicht geleugnet. Er meinte lediglich, das Leben auf der Erde sei nicht durch göttliche Intervention, sondern durch den Zufall entstanden. In seinem Buch Der Ursprung der Arten von 1859 erklärte Darwin, dass die individuellen Anlagen von den Eltern an die Kinder weitervererbt werden. Seiner Ansicht nach steuern diese »Erbfaktoren« die Eigenschaften unseres individuellen Lebens. Diese Erkenntnis führte in der Wissenschaft zu intensiver Forschung, die darauf abzielte, das Leben bis in seine molekularen Einzelheiten zu zerlegen, denn in den Strukturen der Zellen vermutete man den Erbmechanismus, der das heben bestimmt.

Vor ~ sechzig Jahren fand diese Suche einen bemerkenswerten Abschluss, als James Watson und Francis Crick die Struktur und Funktion der DNS-Doppelhelix beschrieben, aus der die Gene bestehen. Endlich hatten die Wissenschaftler das Wesen der »Erbfaktoren« entschlüsselt, über die Darwin im neunzehnten Jahrhundert geschrieben hatte. Die Tagespresse prophezeite eine »schöne neue Welt der genetischen Manipulation« mit Designer-Babies und Wunderheilungen. Ich erinnere mich noch lebhaft an die Schlagzeilen jenes Tages im Jahr 1953: »DAS GEHEIMNIS DES LEBENS IST ENTDECKT!«

Auch die Biologen sprangen auf diesen Zug auf. Der Mechanismus, mit dem die DNS das biologische Leben steuert, wurde zum zentralen Dogma der Molekularbiologie und in zahllosen Büchern breitgetreten. Der lange Streit »Natur oder Kultur?« (d.h. zwischen Veranlagung oder Konditionierung, zwischen Angeborenem und Erworbenem) schien zugunsten der Natur auszugehen. Zuerst hielt man die DNS nur für die Ursache unserer körperlichen Merkmale, aber dann glaubte man zunehmend, dass die Gene auch unsere Emotionen und unser Verhalten bestimmen. Wurde man also mit einem angeknacksten Glücks-Gen geboren, dann erwartete einen eben ein unglückliches Leben.

(...)

 

Das Licht außerhalb der Schublade

In diesem Buch will ich die sprichwörtliche Grenzlinie ziehen: Auf der einen Seite steht die Welt des Neo-Darwinismus, die das Leben als eine endlose Schlacht zwischen biochemischen Robotern sieht. Und auf der anderen Seite steht die »Neue Biologie«, die das Leben als kooperative Reise starker Einzelwesen betrachtet, die sich darauf programmieren können, freudvolles Leben zu erschaffen. Wenn wir diese Grenze überschreiten und die Neue Biologie wirklich verstehen, dann streiten wir uns nicht mehr um Vererbung versus Konditionierung, um Natur versus Kultur, um angeboren oder erworben, sondern wir erkennen, dass der voll bewusste Geist beides übertrumpft. Ich glaube, der dadurch bewirkte Paradigmenwechsel wird die Welt ebenso erschüttern wie damals, als einer Zivilisation, die sich auf einer flachen Scheibe wähnte, die Idee von der Erdkugel vorgestellt wurde.


Wer jetzt fürchtet, dass dieses Buch nur aus unverständlichen wissenschaftlichen Ausführungen besteht, der sei beruhigt. Als ich noch in Forschung und Lehre tätig war, litt ich zwar auch unter dem unbequemen Anzug, dem würgenden Schlips und den endlosen Sitzungen, aber ich liebte es, vor meinen Studenten zu lehren. In meinem post-akademischen Leben habe ich meine Lehrerfahrungen erweitert, indem ich überall auf der Welt den Menschen die Prinzipien der Neuen Biologie nahe gebracht habe. In diesen Vorträgen habe ich meine wissenschaftlichen Ausführungen immer häufiger in leicht verständliche farbige Schaubilder verpackt, von denen einige auch in diesem Buch abgedruckt sind.


Im ersten Kapitel geht es darum, warum und wie diese „klugen“, Zellen uns so viel über unseren Geist und unseren Körper beibringen können. Im zweiten Kapitel erörtere ich die wissenschaftlichen Beweise dafür, dass nicht die Gene die Biologie steuern. Ich stelle darin auch die aufregenden Entdeckungen der „Epigenetik“ vor, einem neuen Bereich der Biologie, der sich damit befasst, wie die Umgebung (also die Natur) das Verhalten von Zellen beeinflusst, ohne deren genetischen Code zu verändern. Die Epigenetik (Anmerkung: in der C4-Homöopathie als "Natursubjekt" bekannt - siehe auch C4-Text "Graphites") eröffnet ganz neue Zusammenhänge im Bereich der Krankheiten, unter anderem auch von Krebs und Schizophrenie.


Im dritten Kapitel geht es um die Zellmembran, die »Haut« der Zelle. Zweifellos haben Sie bisher mehr über den Zellkern gehört als über die Zellmembran, doch die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft offenbaren in immer feineren Details, was mir schon vor zwanzig Jahren klar wurde, nämlich dass die Zellmembran das eigentliche Gehirn der Zellfunktionen ist. Im vierten Kapitel befassen wir uns mit den unglaublichen Entdeckungen der Quantenphysik. Deren Erkenntnisse haben tief greifende Konsequenzen für unser Verständnis von Krankheiten und deren Behandlung. Die Schulmedizin hat die Quantenphysik jedoch leider noch nicht in ihre Forschung oder die Medizinerausbildung aufgenommen - mit tragischen Folgen.


Im fünften Kapitel erkläre ich, warum dieses Buch im Original „The Biology of Belief“, frei übersetzt: „Die Biologie gespeicherter Überzeugungen“, heißt. Positive Gedanken haben eine mächtige Wirkung auf das Verhalten und die Gene, aber nur wenn sie mit der jeweiligen unterbewussten Programmierung übereinstimmen. Und negative Gedanken sind ebenso mächtig. Wenn wir uns klar machen, wie diese positiven und negativen Überzeugungen unsere Lebensprozesse steuern, können wir dieses Wissen nutzen, um uns ein mit Gesundheit und Freude erfülltes Leben zu schaffen. Im sechsten Kapitel wird deutlich, warum Zellen und Menschen wachsen müssen und wie Angst dieses Wachstum behindert und Schutzreaktionen hervorruft.


Das siebte Kapitel befasst sich mit bewusster Elternschaft. Als Eltern müssen wir verstehen, welche Rolle wir bei der Programmierung der Überzeugungen unserer Kinder spielen und welche Auswirkungen das auf ihr Leben hat. Dieses Kapitel ist wichtig, ganz gleich ob Sie Kinder haben oder nicht, denn als »ehemaliges« Kind ist dieser Einblick in unsere Programmierung ebenfalls interessant. Im Epilog geht es dann darum, wie mein Verständnis der Neuen Biologie mir zu der Erkenntnis verhalf, dass Spiritualität und Wissenschaft integriert werden müssen - ein radikaler Bruch mit meinem Werdegang als agnostischer Wissenschaftler.


Sind Sie bereit, Ihren bewussten Verstand einzusetzen, um sich ein Leben voller Gesundheit, Freude und Liebe »zu erschaffen«, ohne dafür Gentechniker oder Drogen und Medikamente zu brauchen? Sind Sie bereit, sich eine alternative Wirklichkeit vorzustellen, die den Körper nicht mehr nur als eine biochemische Maschine sieht? Ich will Ihnen nichts verkaufen und Sie brauchen nichts zu unterschreiben. Es geht nur darum, althergebrachte Überzeugungen, die Ihnen die Wissenschaften und Medien vermittelt haben, einen Augenblick lang hintanzustellen und sich für eine aufregend neue Wahrnehmung zu öffnen.
(…)